Eine Begegnung mit Mord: Miss Gascoigne Krimis: Buch 1

Eine Begegnung mit Mord: Buch 1

Die Miss Gascoigne Bücher sind eine Cosy Crime Serie, die im Großbritannien der „Swinging 60s“ spielt. Sie handeln von der Amateurdetektivin Diana „Dee“ Gascoigne, die ungewöhnlich oft auf tote Körper stößt.

Zitat aus Eine Begegnung mit Mord: Miss Gascoigne Krimis: Buch 1

Mildred Evans sah bestürzt aus. „Es tut mir so leid, Dee. Glauben Sie mir, meine Liebe, ich habe versucht, sie zu überzeugen. Indem ich Sie verliere, verliere ich nicht nur eine ausgezeichnete Lehrerin für moderne Sprachen, sondern auch eine sehr beliebte, sehr geschätzte Mitarbeiterin. Aber ich fürchte, sie sind alle ziemlich altmodisch. Die allgemeine Ansicht war, dass eine Scheidung – oder sogar wie in Ihrem Fall, eine Trennung – nicht gut mit den traditionellen Werten der Lady Adelaide Joseph’s Academy for Young Ladies übereinstimmt. Insbesondere da Martin weiterhin hier arbeitet. Sie haben sie schockiert, meine Liebe. Es tut mir leid.“ Die Direktorin stand auf und kam um ihren großen Mahagonischreibtisch herum. „Sie werden natürlich bis zum Ende des Schuljahres im Juli bezahlt werden, wenn das ein kleiner Trost ist.“

Dee Gascoigne fühlte sich wie betäubt, sie konnte lediglich nicken, höflich lächeln und sagen, dass sie dies natürlich verstand, und herzlichen Dank für den Versuch, zu helfen. Sie war ebenfalls aufgestanden und schon fast an der Tür, bevor sie überhaupt merkte, dass sie sich von ihrem Stuhl wegbewegt hatte. Mildred Evans gab ihr eine kleine Visitenkarte.

„Kontaktieren Sie mich, meine Liebe, falls – nun – falls sich etwas ändert. Möchten Sie, dass ich mich in meinem Umfeld umhöre? Ich habe einige Bekannte, die in leitenden Positionen tätig sind. An Mittelschulen.“ Miss Evans senkte bei dem letzten Wort ihre Stimme und schauderte fast zusammen. „Natürlich keineswegs ideal, aber letztlich ist eine Stelle eine Stelle und in Ihrer momentanen Situation fällt es Ihnen vielleicht schwer, eine Anstellung an einer exklusiveren Einrichtung zu ergattern.“

Wieder konnte Dee nur nicken und sich höflich bedanken, wie ihre Mutter es ihr beigebracht hatte. Sie öffnete die Tür.

Miss Evans Hand lag auf ihrem Arm. „Ich werde Sie vermissen, meine Liebe. Aber wenn Sie mich fragen, ich glaube, Sie haben das Richtige getan. Sie müssen tun, was das Beste für Sie ist. Wie ich sagte, lassen Sie mich wissen, wenn sich irgendetwas ändert.“ Sie hielt unsicher inne und fügte dann hastig hinzu: „Jedenfalls, bitte, meine Liebe, gehen Sie nicht zu ihm zurück, ganz gleich, was er verspricht. Die Katze lässt das Mausen nicht, wie Sie wissen. Bleiben Sie in Kontakt, ja? Gott segne Sie, Liebes.“

Dee war erleichtert, es bis zu ihrem Auto zu schaffen, bevor sie in Tränen ausbrach.

Wie viele Brücken hatte sie hinter sich abgebrochen? Aber das letzte Mal war … das letzte Mal gewesen. Sie konnte es nicht länger hinnehmen, sie konnte es nicht mehr aushalten. Sie war in jeder Hinsicht eine Närrin gewesen, es überhaupt so lange mitzumachen. Wenn ihre Eltern es gewusst hätten, ihr Vater oder ihr Zwillingsbruder … die Vorstellung, zu welcher Szene das geführt hätte, ließ sie erschaudern. Selbst so war sie, nachdem sie sich mehrere Monate über ihre Situation Sorgen gemacht hatte, zu ihrem Entschluss gekommen und hatte am Vortag hastig all ihre Sachen gepackt, während Martin außer Haus gewesen war. Aber obwohl sie es unmöglich bereuen würde, spürte sie bei dem Gedanken an das, was die Zukunft bringen würde, einen Funken Angst. Sie trat diesen Funken energisch aus und während sie auf das Gaspedal trat, sagte sie böse: „Unsinn“, auf die altehrwürdige Art der Frauen ihrer Familie.

Außerdem würde ihre Familie sie niemals verhungern lassen. Da sie keinen anderen Ort hatte, an den sie gehen konnte, und alles, was sie besaß, schon eingepackt bei ihr im Auto war, machte sie sich auf den Weg nach Hertfordshire und nach Hause.

*

Dee brachte ihr Auto vor dem alten Familiensitz Ville Gascoigne zum Stehen und wappnete sich innerlich, griff nach ihrer Tasche und ihrem Koffer und ging dann über den Kiesweg zur Eingangstür. Sie hatte sie vorgewarnt, dass sie auf dem Weg war. Sie wussten natürlich den Grund. Dass ihre Mutter nach ihr Ausschau gehalten hatte, wurde offensichtlich, als sowohl sie wie auch der alte Butler die Tür für Dee öffneten, bevor sie überhaupt in deren Nähe gekommen war. Sie kamen bereits die Treppen hinunter.

„Hallo Mutter, hallo Mr. Greeley.“ Sie schickte ein strahlendes Lächeln in die Richtung des uralten Butlers, der ihr zuzwinkerte und ihr Koffer und Jacke abnahm. Ihre Mutter ließ sich von ihrem Versuch der Heiterkeit nicht im Geringsten täuschen.

„Oh, Dee, Liebling! Geht es dir gut? Oh, du hast so viel Gewicht verloren! Ich bin so froh, dass du hier bist.“ Flora Gascoigne schloss ihre einzige Tochter in eine feste Umarmung. Tränen stiegen in Dees Augen und sie löste sich aus dem Griff ihrer Mutter und wandte sich ab, um mit ihrer Handtasche zu hantieren.

„Ach, es war eine schreckliche Fahrt hierher“, fing sie an und erzählte eine Geschichte über einen frei erfundenen Stau direkt außerhalb Londons. Sie brauchte einfach etwas, irgendetwas, über das sie reden konnte. Irgendetwas anderes als der Grund für ihr Hiersein und das, was geschehen war.

„Komm in den Salon. Dein Vater ist nicht hier, er ist irgendwo mit seinen Freunden unterwegs, aber er sagte, er würde nicht spät zurückkommen. Meine Güte, du siehst so blass aus, Liebes, und so dünn! Ich bin sicher, ihr Mädchen esst nicht anständig.“

„Gott, Mutter, niemand isst heutzutage. Mach nicht so einen Wirbel. Ich bin kein Kind.“ Dee verdrehte die Augen. Es war nicht einfach für sie, den Anschein moderner Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten, wenn sie sich einfach nur zu einem Ball zusammenrollen und sich die Augen ausweinen wollte. Verdammte Männer. „Ist Freddie hier? Ich dachte, er hätte gesagt, er würde hier sein.“

„Anscheinend morgen. Ich glaube, er hat heute Abend eine Verabredung zu einem romantischen Abendessen oder etwas ähnlichem. Ich hoffe nur, sie ist ein anständiges Mädchen. Das letzte …“

„Gott, ja. Freddie hat wirklich kein Talent, sie auszusuchen. Und was ist mit Rob, ist er zu Hause?“

„Oh, natürlich ist er das. Wann geht dein jüngster Bruder schon mal irgendwo hin?“ Ihre Mutter seufzte und sie gingen in den Salon.

Als sie das Zimmer betraten, blickte ein ernst aussehender junger Mann mit Brille von einem Buch auf. Er grinste seine Schwester an. „Deedee, wurde auch Zeit.“

„Dir auch ein Hallo, Boffin.“ Sie ließ sich auf den Platz neben ihm fallen und umfasste seinen Arm. Ihr kleiner Bruder. Ihr Fels.

***

Ende der Vorschau – danke fürs Lesen!